Sallo Ledermann




Name seit 1938
Fred Sallo Ledermann
Geburtsdatum und -ort
21. April 1899 in Sinsheim
Sterbedatum und -ort
24. Januar 1971 in St. Louis, Missouri, USA
Beruf
Kaufmann
Wohnadressen in Sinsheim und den Stadtteilen (heutige Nummerierung)
- 1899 bis 1911: Sinsheim, Bahnhofstraße 30 (alte Nummerierung)
- 1911 bis 1938: Sinsheim, Muthstraße 11
Biografie
Sallo Ledermann war das älteste Kind von Moritz Ledermann und seiner Frau Fanny Ledermann geb. Sinauer. Seine Eltern hatten vor seiner Geburt eine Wohnung im Haus von Gustav Weil (Bahnhofstraße 30) bezogen. Sallo besuchte die Realschule in Sinsheim und verließ sie zum Ende des Schuljahres 1914/15 mit dem Zeugnis der bestandenen Abschlussprüfung. Als Berufswunsch gab er "Kaufmann" an. Nach seiner Lehre bei der Schuhgroßhandlung Nathan Levy & Sohn in Frankfurt am Main arbeitete er als Ein- und Verkäufer in dem Geschäft seines Vaters, das mit Schuhmacherartikeln wie Maschinen, Leder und Werkzeugen handelte. Sallo Ledermann besuchte in seinem eigenen Automobil Kunden im ganzen Kraichgau, auch in Heidelberg und Mannheim. 1917 wurde er in Straßburg zum Kriegsdienst eingezogen, um aktiv als Kanonier in Flandern und Frankreich zu dienen.
Sallo Ledermann war in mehreren Sinsheimer Vereinen aktiv, u. a. dem Gesangsverein, Tennisverein und Sportverein, wo er erfolgreich in der Fußballmannschaft spielte. Beim Werbespiel der Ersten Elf des Sportvereins Sinsheim gegen den VfL Heidelberg, B-Meister des Gaues Heidelberg, am 17. August 1928 stand Sallo Ledermann im Tor. In den Jahren 1922 bis 1933 engagierte sich Sallo Ledermann elfmal im Vorstand des Vereins als Spielausschuss-Vorsitzender und als Zweiter bzw. Erster Gesamtvorsitzender. Er verfügte nicht nur über fussballerisches Talent, sondern konnte auch schauspielern und singen: Zum Jahrestag der Reichsgründung 1925 lud der Sportverein zu einem Theaterabend ein. In dem Schwank "Pannemann spielt Fußball" spielte er einen unter dem Pantoffelregiment seiner Frau leidenden Ehemann. Im Sommer 1925 führte der Sportverein die Operette "Die Winzerliesel" auf. Sallo Ledermann sang eine der Hauptrollen, die des Barbiers Nepomuk. Er war "darstellerisch voll auf der Höhe" wie der "Landbote" am 7. August berichtete. Im Oktober 1925 erhielt er beim 15jährigen Stiftungsfest des Sportvereins eine Verdienstnadel.
Die Boykottmaßnahmen gegen Juden im öffentlichen Leben trafen auch Sallo Ledermann. Im März 1933 wurde er zum Ersten Vorsitzenden des Sportvereins wiedergewählt, aber noch im selben Monat, weil er Jude war, abgesetzt. Mehr als vehement protestierte Sallo Ledermann in einer Gastwirtschaft gegen diese Maßnahme. Die Aktion brachte ihm einen kurzen Gefängnisaufenthalt ein. Sein Freund und Fußball- bzw. Tenniskollege, der Dentist Josef Unterwagner, setzte sich erfolgreich für seine Freilassung ein. 1934 wurde auch Sallo Ledermann in die Sinsheimer Ehrenchronik für die Teilnehmer am Ersten Weltkrieg aufgenommen.
Die Maßnahmen gegen jüdische Geschäfte trafen ebenfalls die Firma Ledermann, die am 21. Dezember 1937 aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Sallo Ledermann meldete schon vorher am 20. Oktober 1936 einen Wohnsitz bei seiner Schwester in Mannheim an, wohnte und arbeitete aber weiter in Sinsheim. Er war der Meinung, eine Auswanderung sei von Mannheim aus leichter zu organisieren. Tatsächlich verließ er Europa am 24. Februar 1938 von Le Havre aus in Richtung der USA.
Am 26. Mai 1938 stellte er in St. Louis, Missouri, einen Einbürgerungsantrag. Er nannte sich jetzt Fred Sallo Ledermann. 1941 heiratete er Irene Apfel (Apple), die am 12. Februar 1905 in Mannheim als Tochter des aus Siegelsbach stammenden Zigarrenfabrikanten Simon Apfel und seiner Frau Elsa geb. Hess geboren war. Im gleichen Jahr wurde er für das amerikanische Militär registriert. Es gelang ihm unter Einsatz von vielen Dollars, seine Mutter, Schwester sowie seinen Schwager und Neffen aus Gurs heraus in ein Auswandererinternierungslager nach Marseille zu holen. Jegliche Auswanderung wurde aufgrund der Besetzung Marseilles durch die Deutschen zunichte gemacht. Nach dem Krieg veranlasste Fred Sallo Ledermann die Umbettung seiner Mutter in das Doppelgrab seines Vaters in Gurs. Laut dem United States Census von 1950 wohnten er und seine Frau in St. Louis City. Fred Sallo Ledermann arbeitete in einem Ledergroßhandel für Damenhandtaschen. Er starb am 24. Januar 1971 und wurde auf dem New Mount Sinai Cemetery Affton, St. Louis County, Missouri, beerdigt. Seine Frau Irene fand 1993 ihre letzte Ruhestätte bei ihm.
Quellen und Literatur
- Stadtarchiv Sinsheim, SNH B 209; Geburts-Hauptregister der Gemeinde Sinsheim, Amtsgerichts Sinsheim, für das Jahr 1899, Nr. 22.
- Generallandesarchiv Karlsruhe, 480 Nr. 7193; 480 Nr. 28628.
- Jahres-Bericht der Realschule Sinsheim für das Schuljahr 1914/15.
- Der Landbote Nr. 9 vom 21. Januar 1925; Nr. 37 vom 27. März 1925; Nr. 84 vom 20. Juli 1925; Nr. 190 vom 16. August 1928.
- Sportverein 1910 e. V. Sinsheim (Hrsg.): Festbuch zum 50jährigen Jubiläum des Sportverein 1910 e. V. Sinsheim/Elsenz 1910-1960, Sinsheim 1960.
- TC Rot-Weiß Sinsheim e. V. (Hrsg.): 50 Jahre TC Rot-Weiß Sinsheim e. V., Sinsheim 1977.
- United States Census 1950.
- Find a Grave, Datenbank und Bilder, aufgerufen 8. April 2025), Gedenkstättenseite für Fred Lederman (1899–24 Jan 1971), Gedenkstätten-ID bei Find a Grave 20485622, zitierend New Mount Sinai Cemetery and Mausoleum, Affton, St. Louis County, Missouri, USA; Gepflegt von Katie (Mitwirkung 47010886).
Bildnachweise
- Stadtarchiv Sinsheim
Autorin
Wiltrud Flothow