Max Kohn


Geburtsdatum und -ort
10. Dezember 1865 in Aidhausen, Kreis Hofheim, Unterfranken
Sterbedatum und -ort
29. Dezember 1941 im Internierungslager Rivesaltes
Beruf
Kaufmann
Wohnadresse in Sinsheim und den Stadtteilen (heutige Nummerierung)
- 1906 bis 1940: Sinsheim, Hauptstraße 102
Biografie
Max Kohn wurde am 10. Dezember 1865 in Aidhausen bei Hofheim geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Kalmon genannt Karl Kohn und Marianna Kohn geb. Blümlein. 1868 zog die Familie Kohn nach Königshofen. Im Haus am Marktplatz 188 betrieben sie ein Bekleidungs- und Textilgeschäft, zuerst der Vater, dann Max und seine Brüder. Max Kohn heiratete am 25. April 1896 in Sinsheim Emilie Blum. Sie war am 18. Oktober 1871 in Sinsheim als Tochter des Kaufmanns Karl Blum und der Dina Blum geb. Wolf geboren worden. Ihr Vater betrieb ebenfalls ein Textilgeschäft.
Max und Emilie Kohn lebten zunächst in Königshofen, wo auch ihre vier Kinder geboren wurden: Luise am 1. September 1897, Else am 27. Februar 1899, Richard am 23. November 1900 und Erna am 20. Januar 1904. 1906 kauften Max und Emilie Kohn das Wohn- und Geschäftshaus in der Sinsheimer Hauptstraße von Emilies Eltern. Max Kohn übernahm auch das Geschäft seines Schwiegervaters. Die Familie war in Sinsheim integriert. Drei der Kinder besuchten die Realschule in der Werderstraße. Regelmäßig wurde Max Kohn unter den Spendern für Weihnachtsgaben an die Kleinkinderschule genannt. Er war Gründungs- und Aufsichtsratsmitglied der 1918 gegründeten Baugenossenschaft Sinsheim. Deren Zweck war es mit dem Bau der Gartenstadt, dem Wohnungsmangel in Sinsheim abzuhelfen. Im gleichen Jahr fungierte Max Kohn als Mitglied der Wahlkommission für die Wahl der Abgeordneten zur verfassungsgebenden badischen Nationalversammlung, dann 1919 als Mitglied einer Sachverständigenkommission, die für die Wäscheverteilung an Kaufleute und Verbraucher zuständig war. Der Landbote berichtete am 6. August 1918 über die Einrichtung einer Zahlstelle der Süddeutschen Disconto-Gesellschaft in den Geschäftsräumen der Firma Karl Blum. Deren Leitung hatte Max Kohn.
In seinem Laden waren neben den Familienangehörigen auch Angestellte wie Otto Wirth beschäftigt. Wirth fiel 1918 im Ersten Weltkrieg und Max Kohn ließ für ihn eine Traueranzeige im Landboten einsetzen. Laut dem Handelsregister des Amtsgerichts Sinsheim erlosch die Firma K. Blum, Inhaber Max Kohn, 1938, da aufgrund der Boykottmaßnahmen der Geschäftsumsatz immer weiter zurückging. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Einrichtung des Geschäftes zerstört. Im Anschluss wurde Max Kohn eine Judenvermögensabgabe von 11.500 Reichsmark als "Sühnemaßnahme" auferlegt. 1939 musste er Schmuck, Gold, andere Wertsachen und seinen Telefunken-Rundfunkapparat abliefern. Am 22. Oktober 1940 wurde das Ehepaar Max, 75 Jahre alt, und Emilie, 69 Jahre alt, zusammen mit ihrer Tochter Erna Kohn, wie auch die anderen Juden aus Baden und dem Saarland, nach Gurs deportiert. Von dort kamen sie am 10. März 1941 in das Internierungslager Rivesaltes. Max Kohn starb am 29. Dezember 1941 an den Entbehrungen des Lageraufenthaltes. Seine Frau Emilie war schon am 7. August 1941 gestorben.
Am 1. November 1940 erließ der Sinsheimer Landrat Schäfer eine Anweisung bezüglich der Verwaltung und Verwertung jüdischen Vermögens. Der Inhalt des Hauses Kohn wurde bis ins Detail aufgenommen und 417 im Haus befindliche Gegenstände kamen am 29. Januar 1941 zur Versteigerung. Der Erlös von 8.346,65 Reichsmark wurde auf das Konto "Jüdisches Vermögen im Kreis Sinsheim" einbezahlt. Ebenso beschlagnahmte das Reichsfinanzministerium die Bankguthaben der Familie Kohn wie auch der anderen Juden in Deutschland. Laut den Erben waren Bilder und eine Münzsammlung schon vor der Versteigerung gestohlen worden.
In Yad Vashem gibt es für Max Kohn ein 1984 von seinem Sohn Richard ausgefülltes Gedenkblatt.
Quellen und Literatur
- Stadtarchiv Sinsheim, Dc M Juden 1270 (Altsignatur Stadtmuseum); Heirats-Hauptregister der Gemeinde Sinsheim, Amtsgerichts Sinsheim, für das Jahr 1896, Band I, Nr. 19; Bezirksamt Sinsheim, Verwaltungssachen, Generalia, XXII. Polizei, 3. Sicherheitspolizei, Einziehung von Rundfunkapparaten bei Juden.
- Generallandesarchiv Karlsruhe, 480 Nr. 7100; 480 Nr. 9486/1; 480 Nr. 31036/1.
- Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 402-24 Bü 1264.
- Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA 99-001 Bü 161.
- Yad Vashem Archives, List of Jews who perished in the Rivesaltes camp, 1941-1942, Item ID 5220777; Gedenkblatt für Max Kohn vom 15. Januar 1989.
- Der Landbote Nr. 97 vom 18. August 1906; Nr. 73 vom 22. Juni 1918; Nr. 92 vom 6. August 1918; Nr. 152 vom 24. Dezember 1918.
- Wilhelm Bauer: Die ehemalige jüdische Gemeinde von Sinsheim. Ihre Geschichte und ihr Schicksal (Sinsheimer Hefte 10), Neuaufl. Sinsheim 2011.
- Lorenz Rothmann: Die jüdische Familie Kohn in Königshofen, in: Das Grabfeld 22 (2014), S. 13-15.
Bildnachweis
- Stadtarchiv Sinsheim
Autorin
Wiltrud Flothow