Abraham Seligmann


Geburtsdatum und -ort
23. Juni 1864 in Rohrbach
Sterbedatum und -ort
16. Oktober 1942 im Ghetto Theresienstadt
Beruf
Kaufmann
Wohnadressen in Sinsheim und den Stadtteilen (heutige Nummerierung)
- 1864 bis 1900: Rohrbach, Heilbronner Straße 65
- 1900 bis 1937: Sinsheim, Hauptstraße 88
Biografie
Abraham Seligmann war der Sohn des Rohrbacher Kaufmanns Seligmann Seligmann und der Rebekka Seligmann geb. Münzesheimer. Er besuchte erfolgreich die höhere Bürgerschule in Sinsheim (Abschluss 1879). Als Berufsziel gab Abraham Seligmann "Kaufmann" an. Er betrieb seit 1897 zusammen mit seinem Vater ein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft in der Hauptstraße (heute Heilbronner Straße) in Rohrbach und wurde dort am 14. April 1897 Bürger. Im Dezember 1900 zog Abraham Seligmann mit seiner Familie nach Sinsheim und eröffnete ein eigenes Geschäft in dem von ihm zuvor erworbenen, ehemaligen reformierten Pfarrhaus des Dekans Karl Wilhelmi. Dort versicherte er neben seinem Hausrat Manufakturwaren und Konfektion zu 12.000 Mark. Abraham Seligmann handelte auch zeitweise mit Möbeln aller Art.
1919 wurde er Bürger von Sinsheim. Nach 1933 wurde der Eintrag gestrichen mit dem Vermerk: "gestrichen, Jude". Auf Grundlage des Reichsbürgergesetzes von 1935 wurden Abraham Seligmann das Reichsbürgerrecht, das Bürgerrecht in Sinsheim und die Bürgergabe genommen.
Abraham Seligmann war 1918 Mitbegründer der Baugenossenschaft Sinsheim, deren Ziel es mit dem Bau der Gartenstadt war, den Wohnungsmangel in Sinsheim zu beheben. Im gleichen Jahr wurde er als Konkursverwalter eingesetzt. Bei der Gemeindeverordnetenwahl am 25. Mai 1919 wurde Abraham Seligmann als einziger Kandidat jüdischen Glaubens auf vier Jahre gewählt. Er hatte sich für die Vorschlagsliste Nr. 3 der freien Bürger-Vereinigung aufstellen lassen. Mit ihm wurden von der gleichen Liste u. a. die Kaufleute Julius Laubis, Wilhelm Scheeder, Adolf Lichdi, der Mühlenbesitzer Frei sowie der Sattlermeister Karl Albrecht Gmelin gewählt. Abraham Seligmann wurde 1922 Ehrenmitglied der Feuerwehr und 1926 für 25jährige treue Dienstzeit ausgezeichnet.
Abraham Seligmann war seit dem 17. August 1897 mit Jeanette Oestreicher aus Ehrstädt verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder: Hermann, Siegfried und Fanny. Seine Frau starb schon 1920. Abraham Seligmann arbeitete zudem als Agent für die American Line, die White Star Line und die Red Star Line in Hamburg, die Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft sowie die Canadian Pacific Railway Company in Hamburg. Seine Zielgruppe waren Auswanderer aus dem Amtsbezirk Sinsheim nach den USA und Kanada. Zu diesem Zweck bescheinigte ihm das Bürgermeisteramt Sinsheim 1920 ein Liegenschaftsvermögen von 36.100 Mark und ein Kapitalvermögen von 42.000 Mark. 1935 gab Abraham Seligmann diese Tätigkeit auf und der Buchhändler Julius Doll übernahm die Agenturen. Im selben Jahr übergab er auch endgültig das Geschäft an seinen Sohn Hermann Seligmann.
1936 war Abraham Seligmann zwei Monate in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch und zog nach der Geschäftsaufgabe am 22. Januar 1937 nach Kleinbockenheim, wo seine Tochter verheiratet war. Der Deutsche Reichsanzeiger meldete die Firma Abraham Seligmannn auch als erloschen.
Abraham Seligmann war wohl seit der Auswanderung seiner Tochter 1938 in dem Alten- und Pflegeheim in Darmstadt, Eschollbrücker Straße 4 ½, wohnhaft. Von Darmstadt aus wurde er zusammen mit 1.287 Juden am 27. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Laut Totenschein vom 16. Oktober 1942 starb er dort an Altersschwäche und Körperverfall. Er wurde 78 Jahre alt. An ihn erinnert eine Inschrift auf dem Grabstein seiner Frau auf dem Sinsheimer jüdischen Friedhof, jedoch mit dem falschen Sterbejahr.
Quellen und Literatur
- Stadtarchiv Sinsheim, SNH A 45; SNH A 561; SNH B 218; SNH B 558; SNH B 559; Bürgerbuch Sinsheim, 1862–1946; ROH B 88; ROH B 98.
- Generallandesarchiv Karlsruhe, 377 Nr. 8155; 390 Nr. 4788.
- Sechsundreißigster Jahres-Bericht der Höheren Bürgerschule zu Sinsheim, Sinsheim 1879.
- Der Landbote Nr. 144 vom 6. Dezember 1900, Beilage; Nr. 56 vom 11. Mai 1918; Nr. 63 vom 31. Mai 1919, Beilage; Nr. 33 vom 18. März 1921.
- Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich-Preußischer Staats-Anzeiger Nr. 228 vom 28. September 1897, Fünfte Beilage; Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich-Preußischer Staats-Anzeiger Nr. 306 vom 27. Dezember 1900, Siebente Beilage; Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 208 vom 9. September 1937, Zentralhandelsregisterbeilage, S. 3.
- Amtliches Adreßbuch der Stadt Darmstadt und Umgebung, Darmstadt 1939.
- Arolsen Archives, Deportation aus Darmstadt nach Theresienstadt am 27.09.1942.
- Nationalarchiv Prag, Institut Theresienstädter Initiative, Datenbank der digitalisierten Dokumente.
Bildnachweise
- Stadtarchiv Sinsheim
Autorin
Wiltrud Flothow